Was bedeutet es eigentlich, in einer Geflüchteten-Unterkunft des Landes zu arbeiten oder untergebracht zu sein? Ein kurzer Blick auf eine sehr komplexe Lage.
Ehemalige Kasernengelände mitten im Wald, Schulgebäude, die umfunktioniert wurden, eine aufgelöste Reha-Einrichtung, ein altes ehemaliges Krankenhaus, neu eingerichtete Container. Dies sind typische Orte für Geflüchtetenunterkünfte.
Untergebracht werden dort Menschen, die in Deutschland Asyl beantragt haben. Sie verbringen dort, je nach Einrichtung und je nach Herkunftsland, von wenigen Wochen bis zu 24 Monaten. In diesen Einrichtungen wohnen und leben oft mehrere Hundert Menschen.
Die Arbeit in den Unterkünften ist vielfältig und findet in unterschiedlichen Bereichen statt: Die Sozialbetreuung, der medizinische Dienst, die Security, die Asylverfahrensberatung, die Küche, die Wäscheabteilung, die Verwaltung, die Bezirksregierung, die Hausmeisterei und noch einiges mehr.
Es gibt viel zu tun in einer Geflüchteten-Einrichtung – hier ein kurzer Blick, nur auf den allerersten Schritt: Neuankommende müssen eingewiesen werden.
Alle Neuankommenden sind Menschen, die geflohen sind. Viele haben lange und traumatisierende Fluchtwege hinter sich. Sie alle mussten ihre Heimat und das meiste, was ihnen vertraut und lieb war, weit hinter sich lassen. Sie befinden sich nun innerhalb eines umfangreichen bürokratischen Systems, dessen Regeln und Abläufe die meisten nicht kennen. Alle Neuankommenden befinden sich in Ausnahmesituationen, das kann gar nicht anders sein; oftmals ist ihr Alltag von existenziell bedeutsamen Unischerheiten und Fragen durchdrungen.
Dem Bürgerkrieg entkommen, doch was wird nun sein? Der politischen Verfolgung entflohen, doch bin ich hier wirklich sicher? Dem Hunger entkommen, doch wird das so bleiben? Einer Diktatur entflohen, doch wie frei bin ich jetzt – warum darf ich das Camp nicht verlassen, auch hier sind meine Rechte massiv eingeschränkt, wann hört das auf? Im Herkunftsland wegen der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität ein Leben in Unfreiheit und Angst geführt, vom Staat verfolgt, von den Nachbarn verhöhnt, auf der Straße verprügelt, bin ich hier sicher? Wem kann ich vertrauen?
Dies ist das emotionale Feld, in dem Mitarbeitende von Unterkünften eine so simpel klingende Arbeit verrichten wie: Neuankommende müssen eingewiesen werden. Eine – wie schon beim ersten Arbeitsschritt in einer Unterkunft deutlich wird – hoch komplexe Aufgabe.
Mitarbeitende sind aufgefordert, in dieser so beschriebenen Lage den Menschen, die sie nicht kennen und später manchmal besser kennenlernen, einerseits gerecht zu werden und andererseits den Regelablauf der Einrichtung und das reibungslose Funktionieren der Verwaltungsmaschinerie zu gewährleisten. Die Heterogenität der zu unterstützenden Menschen hinsichtlich ihrer Herkunftsländer, Sprachen, Gewohnheiten, Regeln, Gesetzen, Glaubenssätzen und Überzeugungen hat einen starken Einfluss auf diesen Prozess.
Das ist ebenfalls das emotionale Feld, in dem Geflüchtete die erste und leider zunehmend lange Zeit nach ihrer Flucht nach Deutschland verbringen. LSBT*I*Q Geflüchtete sind dabei vor besondere Herausforderungen gestellt.
Wir haben deshalb einen Erklärfilm erstellt, der sich aus der Sicht von LSBT*I*Q Geflüchteten gleichermaßen an Mitarbeitende wie Geflüchtete wendet und beiden Gruppen erste maßgebliche Informationen und Einblicke ermöglicht. Dieser Erklärfilm ist in 8 Sprachen veröffentlicht, so dass möglichst viele Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, Mitarbeitende wie Geflüchtete, den Film leicht und gut verstehen können.
Diese Filme können auch ein erster Schritt sein, um Mitarbeitende einer Unterkunft in die Thematik einzuführen und gemeinsam erste Gespräche zu führen, um dann das Angebot von Schulungen zum Themenkomplex LSBT*I*Q und Flucht durch uns in Anspruch zu nehmen.
Wir laden alle Menschen ein, diese Filme zu schauen und sie gerne auch weiterzuverbreiten.
Wer einen guten Erklärfilm sucht, der sich an LSBT*I*Q Geflüchtete im Asylverfahren richtet, findet ihn bei: together virtuell